In Frankfurt am Main gärt der Streit um die Ausstellung zu muslimischer Mode weiter. Erst hatten Frauenrechtlerin die Ausstellung „Contemporary Muslim Fashions“ als eine Verharmlosung des Kopftuchs im Museum für Angewandte Kunst kritisiert.
Nun stellen Studenten die Frankfurter Professorin Susanne Schröter, Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam, an den Pranger, nachdem diese für den 8. Mai eine Podiumsdebatte als Reaktion auf die Ausstellung initiiert hatte. „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ lautet die Leitfrage.
Im Telefonat mit WELT sprach Schröter von „Rufmord“, da sich die Angriffe gegen sie persönlich richteten. Sie erwägt, die Polizei einzuschalten.
Eine anonyme Gruppe von Studenten fordert in den sozialen Netzwerken die Entlassung der Professorin. Die Studierenden unterstellen Schröter und ihrem Institut „anti-muslimische Ressentiments“.
Die Studenten, die sich auf Instagram in der Gruppe “Uni gegen AMR - Kein Platz für Anti-Muslimischen Rassismus“ mit dem Slogan „schroeter_raus“ formiert haben, werfen der Professorin und ihren Gästen vor, Rechten in die Hände zu spielen: „Gerade heute, mit der steigenden Salonfähigkeit von Rechtspopulismus, werden in Deutschland Menschen, die das Kopftuch tragen, Opfer von rechter Gewalt und Rassismus“, heißt es. Schröter müsse „ihrer Position“ als Direktorin am Forschungszentrum enthoben und die Veranstaltung abgesagt werden.
Die Instagram-Gruppe hatte in kurzer Zeit lediglich 470 Abonnenten gewonnen. Einen Verantwortlichen will man allerdings nicht nennen. Man definiert sich als „wir, die Studierenden der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität“ und nutzt das Logo der Uni.
Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Goethe-Universität distanzierte sich allerdings ausdrücklich und verurteilte die Aktion. „Das Thema Kopftuch scheint uns als ein Vorwand. Wir finden es wichtig, dass zum Thema Islam geforscht wird, das will die Hetzkampagne verhindern. Hier wird ein Versuch unternommen, die Forschung zu Islamverbänden und islamistischen Vereinen zu kompromittieren“, sagte AStA-Sprecherin Fatma Keser WELT.
Andere greifen Forderungen auf
Schröter selbst vermutet hinter der Gruppe muslimische Studenten, denen jegliche Diskussion über den Islam „ein Dorn im Auge“ sei. Sie wertet den Text, den sie selbst auf Facebook geteilt hat, aber als mehr als eine Entgleisung ein paar Einzelner. Das wirklich Beunruhigende sei, dass Organisationen wie Realität Islam, die sich im studentischen Umfeld orientierten, die Forderungen aufgriffen und sich auch das salafistische Umfeld an der Verbreitung beteilige, erklärte sie.
Die Professorin betrachtet die Kampagne als Versuch der „Einschüchterung“, aber auch als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Mit dem Vorwurf des „antimuslimischen Rassismus“ werde letztlich jegliche Kritik am Islam delegitimiert, sagte sie: „Es gilt schon als islamfeindlich, überhaupt bestimmte Themen anzusprechen.“
Bislang musste sie, selbst Gegnerin des Kopftuchs, sich dafür rechtfertigen, dass sie auch Befürworterinnen eingeladen hatte. Dass ausgerechnet sie selbst nun diffamiert werde, findet sie „schon ein bisschen schräg“. Eine breite Debatte mit möglichst vielen Stimmen gehöre aber zum wissenschaftlichen Diskurs.
Pro und contra Kopftuch
Bei der Diskussionsrunde am 8. Mai sind unter anderem Frauenrechtlerin Alice Schwarzer, Islamkritikerin Necla Kelek und der islamische Theologe Abdel-Hakim Ourghi zu Gast, die das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung betrachten. Auf dem Podium werden aber auch Befürworterinnen wie die Journalistin Khola Maryam Hübsch sprechen, die selbst ein Kopftuch trägt.
Susanne Schröter ist Mitbegründerin der „Initiative säkularer Islam“, die sich Ende 2018 in Berlin gegründet hatte. Die Gruppe, der unter anderem auch Necla Kelek, der Grünen-Politiker Cem Özdemir, der Psychologe Ahmad Mansour, der Politologe Hamed Abdel-Samad und Rechtsanwältin Seyran Ates angehören, setzt sich für einen „zeitgemäßen“ Islam ein, unabhängig von ausländischen Regierungen und Organisationen. Einige von ihnen stehen unter ständigem Polizeischutz, weil sie im Kampf um einen liberalen Islam um ihr Leben fürchten.
Büro sucht nach Verantwortlichen
Am Freitag äußerte sich auch die Goethe-Universität zu der Kritik an Schröter. Konferenzen mit unterschiedlichen Stimmen zu veranstalten sei ausdrücklich Teil ihrer Aufgaben, sagte Uni-Präsidentin Birgitta Wolff. Äußerungen wie „Schroeter_raus“ stünden außerhalb jeglichen demokratischen Diskurses und seien inakzeptabel.
Das Büro der Wissenschaftlerin ist momentan auf der Suche nach den Verantwortlichen. „Wir wissen nicht, wer dahintersteckt“, sagte Büroleiter und Forschungskoordinator Oliver Bertrand. Man gehe aber davon aus, dass es Studierende der Uni Frankfurt seien.
Anmerkung der Redaktion: Auf der Instagram-Seite ist seit Donnerstagmittag das Konto „schroeter_raus“ nicht mehr aktiv.