Hass im Netz:Innenminister fordern Kontrolle bei Telegram

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Die Proteste gegen die Corona-Maßnahmen - hier ein Bild aus München - bekamen zuletzt wieder Zulauf. (Foto: Aaron Karasek/imago images)

Bisher können Behörden kaum gegen Hetze auf Messenger-Diensten vorgehen. Die Innenministerkonferenz warnt vor "rechtsfreien Räumen" - und will, dass eine Gesetzlücke geschlossen wird.

Von Markus Balser, Berlin

In Deutschland wächst der Druck auf die neue Bundesregierung, härter gegen Hass und Hetze bei Nachrichtendiensten wie Telegram vorzugehen. Die Innenminister der Länder sehen in den bislang weitgehend unkontrollierten Diensten eine wachsende Gefahr für die Gesellschaft. Hassbotschaften erzielten dort hohe Reichweiten, warnte am Freitag Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), der Vorsitzende der Innenministerkonferenz. Es dürften keine rechtsfreien Räume im Netz entstehen. Die Innenministerkonferenz forderte deshalb am Freitag von der Bundesregierung ein rasches Eingreifen.

Hintergrund ist eine Lücke im Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Demzufolge müssen Anbieter sozialer Netzwerke dem Bundeskriminalamt rechtswidrige Inhalte melden - nicht aber Messenger-Dienste. Das sei "ein schwerer Fehler, den wir korrigieren müssen", sagte Strobl. Die Dienste hätten längst die Funktion sozialer Netzwerke und seien zur "Echoblase" für Hass gegen den Staat und andere Menschen geworden, warnte auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD). "Ich hoffe, dass die Bundesregierung schnell reagiert."

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Am Donnerstagabend hatte das Thema bereits einen Schlagabtausch zwischen Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und dem designierten FDP-Justizminister Marco Buschmann ausgelöst. Kretschmer warnte in der Talkshow "Maybrit Illner" vor "rechtsextremen Telegram-Gruppen, die bösartigste Propaganda und zersetzende Dinge proklamieren", und forderte: "Da müssen wir etwas tun."

Buschmann reagierte kühl: "Das muss nicht falsch sein, aber andere Dinge sind jetzt wichtiger", sagte er mit Blick auf die Corona-Maßnahmen. Die Innenminister warnen allerdings bereits vor einer weiteren Radikalisierung der Querdenker-Szene durch die neuen Regeln. Angeheizt wird diese durch Chats in Nachrichtendiensten.

Wichtiger als Parkverstöße

In den nächsten Wochen soll die Polizei den Innenministern zufolge bundesweit die Einhaltung der Corona-Regeln stärker überwachen. "Das ist im Moment einfach wichtiger, als Parkverstöße oder überhöhte Geschwindigkeit zu kontrollieren", sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU).

Mit einem neuen bundesweiten Kompetenzzentrum wollen die Innenminister der Länder in Deutschland zudem den Katastrophenschutz besser koordinieren. Hochwasser und die Corona-Pandemie hatten Lücken bei den Absprachen von Bund und Ländern offenbart. Basis für eine bundesweite Krisenzentrale soll das Kompetenzzentrum des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn werden. Die Innenminister kündigten daneben die Einführung eines bundesweiten Handy-Warnsystems ab 2022 an.

Beschlossen wurde zudem ein neuer Anlauf für eine Waffenamnestie. 2009 und 2017 hatten Bürger bereits Gelegenheit, illegale Waffen straffrei bei Behörden abzugeben. Dabei wurden 270 000 Waffen übergeben. Der neue Anlauf soll allerdings frühestens 2023 starten.

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